Winter 2021: Wald senkt Gefahr von Frühjahrshochwasser
Wald ist in der Lage, die Gefahr von Hochwasserspitzen, Sturzfluten und Erosionen zu verringern.
Erfurt (hs): Wald beeinflusst in vielfältiger Weise den Wasserhaushalt positiv. Gerade jetzt, wo große Mengen Schmelzwasser aus Thüringens Mittelgebirgen viele der rund 15.300 Kilometer umfassenden Bäche und Flüsse im Freistaat anschwellen lassen, wird dies deutlich. Denn noch bevor das Schmelz- oder Regenwasser abfließt und ggf. ein Hochwasser entsteht, wird ein Teil der Niederschläge vom Kronendach und im porenreichen, naturnahen Waldboden aufgefangen, Schmelzwasser durch Wurzelwerk und Unterwuchs gebremst. Zusätzlich dient der Wald als Erosionsschutz, da er durch sein intensives Wurzelwerk den Boden gerade im Hanggelände stabilisiert. Damit sind Wälder im Besonderen in der Lage, Hochwasserspitzen, Sturzfluten oder Erosionen zu verringern und wirtschaftliche Nachteile, etwa bei Verkehrsinfrastruktur- oder gar Siedlungsnutzung, zu verringern. Flusshochwasser sind die Naturereignisse, die in Deutschland die größten wirtschaftlichen Schäden verursachen.
Wald schützt – aber leider nur begrenzt!
„Rund 235.000 Hektar Wald, fast die Hälfte der Waldfläche Thüringens, liegen in Hochwasserentstehungsgebieten“, so Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Die Anforderungen an diese Wälder steigen stetig an, Verkehr und Tourismus, speziell der Sommer- und Wintertourismus im Wald, nehmen zu. Gleichzeitig erhöht die globale Klimaerwärmung die Wahrscheinlichkeit von Witterungsextremen und Unwettern und damit das Gefährdungspotenzial für Wald und Hochwässer gleichermaßen. Gerade Wälder in Hochwasserentstehungsgebieten benötigen zur Sicherung ihrer besonderen Schutzfunktion, neben Waldpflege, Durchforstung und der rechtzeitigen Einleitung der Verjüngung, auch geregelte Rahmenbedingungen bei der Jagd. Nach wie vor sind überhöhte Schalenwildbestände ein Kernproblem in der Waldbewirtschaftung. Dies zeigt, welchen Wert die pflegende Hand des Försters oder Waldbesitzers gerade für derartige Wälder hat.
Warum Schwäne und Enten immer kalte Füße haben
Während sich unsereins in einen dicken Mantel samt Schal hüllt, sind die Überwinterungsstrategien heimischer Waldtiere erstaunlich vielfältig
Erfurt (hs): Fernreisetaugliche Waldtiere verbringen den Winter im wärmeren Südeuropa oder gar Afrika - manche verschlafen ihn einfach in hiesigen Gefilden. Die Überlebensstrategien sind vielfältig, oft sogar faszinierend. Mit Fett und Luft zur Wärmeisolation trotzen viele den eisigen Temperaturen, einige verkleinern ihre Organe. Insekten produzieren sogar Frostschutzmittel in ihrem Körper oder bauen ihn gar komplett um – sie werden, ähnlich dem gleichnamigen Hollywood-Actionfilm, zu „Transformers“.
Speck und Ruhe schützen vor der Kälte
„Fellträger wie Rot- und Rehwild, Wildschweine, Fuchs oder Hase nutzen Luft als Kälteschutzmittel und bekommen ein besonders langes, dichtes und gewelltes Haar“, so Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Dicke Wollhaare wirken zusätzlich wie wärmende Unterwäsche unter den Deckhaaren. Eine dicke Speckschicht dient außerdem als Energiereserve. Heimische, in Deutschland überwinternde Standvögel fetten mit dem Schnabel ihr Federkleid mit Drüsensekret ein, machen es dadurch wasserabweisend und schützen den Körper so vor dem Auskühlen. Zaunkönig und Meise kuscheln sich in Schlafgemeinschaften zusammen. Waldameisen trotzen dagegen baulich der Kälte: Sie versammeln sich am tiefsten Punkt des unterirdischen Ameisenbaus. Der oberirdische Teil des Nestes dient dagegen nur dem Frostschutz. Honigbienen bilden in den Nestern Wintertrauben, in der sich die Tiere gegenseitig wärmen.
Waldränder sind Hotspots der Artenvielfalt
Zur weiteren Stärkung des Waldnaturschutzes nimmt ThüringenForst bei der Wiederbewaldung von Schadflächen auch die Wald-Feld-Übergänge in den Fokus
Erfurt (hs): Breite, stufig aufgebaute und tiefbelastete Waldränder können nicht nur vor dem zerstörerischen Werk künftiger Stürme schützen, sondern sind auch ein landschaftsprägendes, ökologisch wertvolles Saumbiotop. Damit sie diese Funktionen gut erfüllen können, müssen sie durch Waldbesitzer und Förster geplant und aufgebaut werden – mit einer gezielt gestalteten Baum-, Strauch und Saumzone. Die Wiederbewaldung der vielen Schadflächen in Thüringens Wäldern nutzt ThüringenForst dazu, derartige standorts- und funktionsgerechte Waldaußen- und auch Waldinnenränder, etwa entlang von Forststraßen oder Waldwiesen, von Anfang an mit anzulegen.
Die Wiederbewaldung von Schadflächen mit stabilen Waldsäumen
„Die Folgen der Klimaerwärmung, wie Dürre, Wetterextreme und Borkenkäfer-Massenvermehrung, haben im Gesamtwald in Thüringen zu rund 40.000 Hektar Schadfläche geführt. Bei der Wiederbewaldung sind Waldbesitzer gut beraten, ein besonderes Augenmerk auf die Gestaltung stabiler und biodiversitätsreicher Waldränder zu legen“, so Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. So sollten Waldränder nicht geradlinig, sondern unregelmäßig und in Buchten verlaufen, sowie mit anderen Landschaftselementen wie Hecken, Gehölzstreifen oder Gewässern vernetzt sein. Im äußeren Saumbereich ist eine niedrige Vegetation aus Gräsern, Kräutern und Stauden sinnvoll, die fließend in eine mindestens mannshohe Strauchzone aus heimischen Arten wie Schlehe, Weißdorn, Hasel, Pfaffenhütchen oder Hartriegel übergeht. Dann erst beginnt der eigentliche Waldmantel mit Birke, Weiden, Ebereschen oder Feldahornen. An diese schließt sich dann der Waldbestand an. Dieser soll bei ThüringenForst grundsätzlich aus mehreren Mischbaumarten und einem Mindestanteil von 20 % Laubholzarten bestehen.
Landesweite Diagnose am Patienten Wald
ThüringenForst führt auf dem Krahnberg bei Gotha Schulungen zur diesjährigen Waldzustandserhebung durch. Deren Ergebnisse werden mit Spannung im Spätherbst 2020 erwartet
Erfurt (hs): Durch die okulare Einschätzung von Blatt- und Nadelverlusten in den Baumkronen werden seit 1991 im Freistaat jährlich Informationen über den Gesundheitszustand des Waldes erhoben. Das Verfahren ist deutschlandweit einheitlich. Verantwortlich für die Waldzustandserhebung (WZE) ist das Forstliche Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha (FFK). Die vielfältigen Ergebnisse der Erhebung werden voraussichtlich im Spätherbst 2020 veröffentlicht. In diesem Jahr dürfte auf die Forstexperten allerdings eine besonders knifflige Aufgabe warten: Denn die nunmehr zweieinhalb Jahre andauernde, ausgewöhnliche Trockenheit beeinträchtigt nachhaltig die Vitalität des gesamten Ökosystems Wald.
Fernglas und Schreibbrett als Diagnosehelfer
Die Schulungsteilnehmer, sämtlich erfahrene Forstpraktiker, werden an „Vergleichsbäumen“ für die anstehende optische Taxation der Baumkronen fit gemacht. „Mit einem Fernglas erfassen die Experten baumartenspezifisch die Vergilbung sowie den Verlust an Nadel- bzw. Blattmasse in den Baumkronen sowie weitere Parameter“, so Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Dies erfordert umfassende wald- und baumbiologische Kenntnisse, denn im „Ausschlussverfahren“ müssen Merkmale wie Fruchtbildung, Pilz- oder Käferbefall und natürlich Trockenheit als Ursache einer schütteren oder fehlenden Kronenbenadelung bzw. -belaubung geklärt werden. Und damit eine sichere Unterscheidung von Schadstoffen aus Industrie, Verkehr und Haushalten als Verursacher getroffen werden können.
Mit Kalk gegen „saure“ Mittelgebirgs-Waldböden
Landesforstanstalt will im Herbst rund 800 Hektar geschädigte Staatswaldflächen in den Hochlagen des Thüringer Waldes kalken
Erfurt (hs): ThüringenForst plant für den Herbst dieses Jahres rund 800 Hektar, durch Luftschadstoffe geschädigten Staatswald in mehreren Revieren des Thüringer Forstamtes Frauenwald zu kalken. Hierzu werden per Hubschrauber im September/Oktober 2020 pro Hektar rund drei Tonnen naturbelassener Magnesiumkalk regionaler Herkunft ausgebracht. So soll die Bodenversauerung abgepuffert werden. Auch nach über 30 Jahren Bodenschutzkalkung und einer deutlich verbesserten Luftreinhaltepolitik brauchen der Thüringer Wald, das Thüringer Schiefergebirge und der Harz weiterhin mittels Kalkung die Hilfe der Förster. Säurealtlasten und überhöhte Stickstoffeinträge machen den dort basenarmen Standorten und den darauf stockenden Wäldern immer noch zu schaffen. Zuletzt kalkte ThüringenForst 2019 rund 900 Hektar Staatswald, ebenfalls im Thüringer Forstamt Frauenwald. Während der Kalkung kann es kurzfristig zu Beeinträchtigungen beim Betreten des Waldes kommen. Der ausgebrachte Naturkalk ist für den Waldbesucher vollkommen ungefährlich, gleichwohl kann es durch die Feinpartikel zur Verunreinigung von Kleidungsstücken kommen. Unmittelbar vor Beginn der Maßnahmen wird das Thüringer Forstamt Frauenwald die Bevölkerung hierzu nochmals informieren.
Quelle: ThüringenForst, Erfurt
Foto: Dr. Horst Sproßmann