In den heimischen Wäldern finden sich rare Vorkommen an Elsbeere, Speierling und Mehlbeere. Aber nicht nur Forscherneugier, auch der Klimawandel rückt sie in den Fokus der Förster
Erfurt (hs): Der 1994 gegründete und bundesweit tätige „Förderkreis Speierling“ tagt am kommenden Wochenende mit etwa 40 Baumexperten in Ilmenau. Gastgeber ist die Thüringer Landesforstanstalt. Die Fachgespräche drehen sich insbesondere um den Schutz und die Erhaltung der sog. Sorbus-Arten, rare Waldbäume die beeren-, apfel- und birnenförmige Früchte tragen, sowie um ihre Bastarde. Einige dieser Kleinarten finden sich nur noch in Thüringen und gelten weltweit als stark gefährdet. War das Forschungsinteresse bisher eher waldökologischer Natur, kommt nun ein neuer Aspekt hinzu: Speziell der Elsbeere traut man zu, besser als andere Bäume dem Klimawandel zu trotzen. Zu dieser Thematik führt deshalb am Samstag eine Forstexkursion in das Thüringer Forstamt Saalfeld-Rudolstadt.
Für die Sorbus-Arten trägt Thüringen weltweit Verantwortung
„Thüringens Wälder sind besonders reich an seltenen Sorbus-Arten“, so Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Und noch eine Besonderheit: Kleinarten, die aus der Kreuzung von Elsbeere mit der Mehlbeere entstanden, sind teils nur noch im Freistaat mit wenigen Dutzend Exemplaren vertreten. Die Landesforstanstalt unterhält Samengärten, um die Sorbus-Arten zu erhalten und zu fördern. Mit der Anlage von Erhaltungsquartieren für ausgewählte Kleinarten wurde begonnen, um diese vor dem Aussterben zu retten. Im Rahmen einer naturnahen Waldpflege schützen Thüringens Förster außerdem Baumexemplare dieser seltenen Arten vor Bedrängern, insbesondere der Buche, fördern ihr Wachstum und unterstützen ihre natürliche Vermehrung. Damit zeigt sich auch, dass die forstliche Bewirtschaftung die biologische Vielfalt im Wald nicht einschränkt, sondern im Gegenteil verstärkt.
Nicht nur Artenschutz, auch Klimaschutz im Fokus der Forscher
Einige der Sorbus-Arten kommen mit milden Witterungsbedingungen und trockenen Böden gut zurecht. So hat die Elsbeere dank ihres Herzwurzelsystems im Hitze- und Trockenjahr 2003 ihr Dickenwachstum nicht eingestellt – im Gegensatz zu vielen anderen Baumarten. Deshalb geraten diese forstlichen Raritäten vor dem Hintergrund der prognostizierten Klimaerwärmung zunehmend mehr in den Fokus von Forstwissenschaft und Forstpraxis. „ThüringenForst verfolgt hier eine Doppelstrategie: Wir experimentieren einerseits mit trockenheitsrobusten Gastbaumarten wie der Libanon-Zeder oder der Türkischen Tanne, andererseits prüfen wir intensiv das heimische Baumartenspektrum nach trockenheitsertragenden Arten ab. Dazu könnte auf einzelnen Standorten die Elsbeere gehören, aber auch die Breitblättrige Mehlbeere“, so Gebhardt weiter.
So werden sich die Baumartenexperten des „Förderkreis Speierling“ bei ihrer Tagung in Ilmenau mit dem in Thüringen heimischen, aber seltenen Speierling beschäftigen, aber auch mit den Sorbus-Kleinarten, die bundesweit schwerpunktmäßig in Thüringen und Bayern vorkommen. Eines macht die Tagung deutlich: Thüringen ist ein Hot-Spot seltener Baumarten, die Dank jahrzehntelanger forstlicher Pflege bis heute überlebt haben. Und uns vielleicht die Chance bieten, zukünftig Wälder aufzubauen, die dem vom Menschen verursachten Klimawandel standhalten.