Während sich unsereins in einen dicken Mantel samt Schal hüllt, sind die Überwinterungsstrategien heimischer Waldtiere erstaunlich vielfältig
Erfurt (hs): Fernreisetaugliche Waldtiere verbringen den Winter im wärmeren Südeuropa oder gar Afrika - manche verschlafen ihn einfach in hiesigen Gefilden. Die Überlebensstrategien sind vielfältig, oft sogar faszinierend. Mit Fett und Luft zur Wärmeisolation trotzen viele den eisigen Temperaturen, einige verkleinern ihre Organe. Insekten produzieren sogar Frostschutzmittel in ihrem Körper oder bauen ihn gar komplett um – sie werden, ähnlich dem gleichnamigen Hollywood-Actionfilm, zu „Transformers“.
Speck und Ruhe schützen vor der Kälte
„Fellträger wie Rot- und Rehwild, Wildschweine, Fuchs oder Hase nutzen Luft als Kälteschutzmittel und bekommen ein besonders langes, dichtes und gewelltes Haar“, so Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Dicke Wollhaare wirken zusätzlich wie wärmende Unterwäsche unter den Deckhaaren. Eine dicke Speckschicht dient außerdem als Energiereserve. Heimische, in Deutschland überwinternde Standvögel fetten mit dem Schnabel ihr Federkleid mit Drüsensekret ein, machen es dadurch wasserabweisend und schützen den Körper so vor dem Auskühlen. Zaunkönig und Meise kuscheln sich in Schlafgemeinschaften zusammen. Waldameisen trotzen dagegen baulich der Kälte: Sie versammeln sich am tiefsten Punkt des unterirdischen Ameisenbaus. Der oberirdische Teil des Nestes dient dagegen nur dem Frostschutz. Honigbienen bilden in den Nestern Wintertrauben, in der sich die Tiere gegenseitig wärmen.
Faszinierende Überlebensstrategien
Der Zitronenfalter, einer der häufigsten heimischen Schmetterlinge, hängt gegen die eisige Winterkälte ungeschützt an Ästen. Dass er nicht erfriert liegt daran, dass er zu Beginn des Winters einen großen Teil seiner Körperflüssigkeit ausscheidet und gegen eingelagertes Glyzerin ersetzt. Glyzerin ist ein Frostschutzmittel, wie es auch im Wasserkühler des Autos Verwendung findet, damit dieser nicht einfriert. Damit überlebt der Zitronenfalter Temperaturen bis -20 Grad. Borkenkäfer ziehen sich bei großer Kälte in tiefere Bodenschichten zurück und trotzen so Temperaturen sogar bis weit unter -20 Grad. Wildbienen nutzen die Metamorphose, die schnelle körperliche Verwandlung als winterliche Überlebensstrategie. Zu Beginn des Winters verwandeln sich die fressaktiven Larven zu unbeweglichen Puppen und trotzen so den eisigen Temperaturen. Im Frühjahr schlüpft aus der Puppe eine ausgewachsene Biene, die einen ganz anderen Körper wie auch Organe besitzt als die Larve oder die Puppe. Derartige, in der Natur 100.000-fach ablaufende Vorgänge, erinnern an „Transformers“, einem gleichnamigen Hollywood-Actionfilm.
Warum Schwäne und Enten immer kalte Füße haben
Mancher Naturfreund hat sich schon gewundert, warum Schwäne und Enten oft stundenlang auf Eisschichten stehen ohne kalte Füße zu bekommen. „Schwäne und Enten haben als winterliche Überlebensstrategie immer kalte Füße“, so Volker Gebhardt. Denn mit warmen Füßen würden diese Tiere die Eisschicht, auf der sie stehen, zuerst antauen und dann im Schmelzwasser festfrieren. Durch ihre Füße strömt extrem wenig Blut und das wird von 40 ° C Körpertemperatur auf knapp 6 ° C heruntergekühlt. „Kalte Füße zu bekommen“, ist also zumindest unter Schwänen und Enten, eine überlebenswichtige Eigenschaft.
Quelle: ThüringenForst, Erfurt
Foto: Dr. Horst Sproßmann