ThüringenForst führt auf dem Krahnberg bei Gotha Schulungen zur diesjährigen Waldzustandserhebung durch. Deren Ergebnisse werden mit Spannung im Spätherbst 2020 erwartet
Erfurt (hs): Durch die okulare Einschätzung von Blatt- und Nadelverlusten in den Baumkronen werden seit 1991 im Freistaat jährlich Informationen über den Gesundheitszustand des Waldes erhoben. Das Verfahren ist deutschlandweit einheitlich. Verantwortlich für die Waldzustandserhebung (WZE) ist das Forstliche Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha (FFK). Die vielfältigen Ergebnisse der Erhebung werden voraussichtlich im Spätherbst 2020 veröffentlicht. In diesem Jahr dürfte auf die Forstexperten allerdings eine besonders knifflige Aufgabe warten: Denn die nunmehr zweieinhalb Jahre andauernde, ausgewöhnliche Trockenheit beeinträchtigt nachhaltig die Vitalität des gesamten Ökosystems Wald.
Fernglas und Schreibbrett als Diagnosehelfer
Die Schulungsteilnehmer, sämtlich erfahrene Forstpraktiker, werden an „Vergleichsbäumen“ für die anstehende optische Taxation der Baumkronen fit gemacht. „Mit einem Fernglas erfassen die Experten baumartenspezifisch die Vergilbung sowie den Verlust an Nadel- bzw. Blattmasse in den Baumkronen sowie weitere Parameter“, so Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Dies erfordert umfassende wald- und baumbiologische Kenntnisse, denn im „Ausschlussverfahren“ müssen Merkmale wie Fruchtbildung, Pilz- oder Käferbefall und natürlich Trockenheit als Ursache einer schütteren oder fehlenden Kronenbenadelung bzw. -belaubung geklärt werden. Und damit eine sichere Unterscheidung von Schadstoffen aus Industrie, Verkehr und Haushalten als Verursacher getroffen werden können.
Sondermerkmal Trockenheit wird verstärkt zu nutzen sein
Erstmals im „Jahrhundertsommer 2003“ wurde bei der WZE das Sondermerkmal Trockenheit als Ursache für den erfassten Nadel- bzw. Blattverlust eingeführt. Dieses Sondermerkmal wird auch in diesem Jahr maßgeblich die Taxationsarbeiten bestimmen. Vergeben wird das Sondermerkmal, wenn es für die Taxatoren eindeutig ist, dass für den festgestellten Nadel- bzw. Blattverlust keine andere Ursache als eine nicht ausreichende Wasserversorgung des Baumes geben kann.
ThüringenForst mit umfangreichen Umwelt- und Waldmonitoring
Mit der systematischen Erfassung des Waldzustandes wurde in den frühen 1980er Jahren unter dem Eindruck des „Waldsterbens“ begonnen. Damals waren die Wälder akut durch Industrieabgase, insbesondere Schwefeldioxid, bedroht und die Politik hat mit einer deutlich verschärften Umweltpolitik, mit der Einführung von Rauchgasentschwefelungsanlagen im Industriesektor und Katalysatoren im Verkehrsbereich schnell und effektiv reagiert. Die Emissionen von Schwefeldioxid wurden europaweit extrem stark reduziert. In Thüringen erfolgte zudem eine intensive Waldkalkung – so dass sich der Wald von der Säurebelastung erholen konnte. Durch diese Maßnahme konnte das Waldsterben der 80er Jahre gestoppt werden. Die Herausforderungen, die sich heute im Zusammenhang mit dem Klimawandel stellen sind dagegen ungleich komplexer. Die Waldschadensforschung wurde seit den 80er Jahren maßgeblich ausgebaut, nach 1989 auch im Freistaat Thüringen. Heute verfügt ThüringenForst über ein umfangreiches Umwelt- und Waldmonitoringsystem, dass jährlich verlässliche Aussagen zur Vitalität des gesamten Ökosystems Wald liefert.