Thüringens Hauptbaumarten Fichte und Buche ertragen Hochwasser eher schlecht. Andere Baumarten tolerieren wochenlange Überflutungen und verlieren kaum ihre Vitalität
Erfurt (hs): Nach ungewöhnlich viel Schnee in den letzten Wochen führte die aktuelle witterungsbedingte Tauphase zu einem starken Angebot an Schmelzwasser. Im Siedlungsbereich werden derartige Wassermengen schnell in die Kanalisation abgeleitet, in unbebauten Bereichen versickern sie. Ganz anders im Ökosystem Wald: Dort werden die Wassermengen auf vielen Waldstandorten aufgesogen wie ein Schwamm. Je nach Geländeausprägung entstehen auch temporäre Nassbereiche oder gar kleine Seen. Bäume, denen das Wasser bis zum Hals steht, reagieren hierauf sehr unterschiedlich. Bestimmte Baumarten erdulden solche Überschwemmungen tage- und wochenlang, andere Baumarten zeigen recht schnell Vitalitätsverluste, schlimmstenfalls sterben sie ab.
Thüringens Hauptbaumarten ertragen Überflutungen eher schlecht
„Weiden, Pappeln, Eschen, Erlen und Ulmen finden sich oft entlang von Flüssen oder Gewässern. Ihnen gemeinsam ist eine hohe Toleranz gegenüber auch wochenlangen Überschwemmungen“, so Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Eine mittlere Toleranz zeigen Eichen und Spitzahorne. Ertragen diese Baumarten noch einen mehrtägigen Hochwasserstand, nimmt die Vitalität nach rund zwei Wochen Überflutung deutlich ab, Ausfälle nehmen zu. Auch der Bergahorn kann noch in diese Gruppe gerechnet werden. Er erträgt durchaus kurzzeitige Überschwemmungen, etwa durch anschwellende Gebirgsbäche, verursacht durch Schneeschmelze. Steht das Hochwasser mehr als zwei Wochen an, reagiert er mit deutlichen Verlusten. Die beiden Hauptbaumarten in Thüringens Wäldern, die Fichte (Anteil knapp 40 %) und die Buche (Anteil ca. 20 %) überstehen Hochwasserlagen hingegen am wenigsten gut. Beide ertragen zwar kurzzeitige Überflutungen, allerdings nehmen die Schäden mit der Dauer des Hochwassers deutlich zu. Interessant: Die Kiefer, in Ostthüringen weit verbreitet, scheint sich hier wackerer zu schlagen. In von Überflutungen und hohen Grundwasserpegeln stark beeinflussten Waldgesellschaften, sog. Auewäldern, finden sich die überschwemmungstoleranten Baumarten natürlicherweise wieder. Die empfindliche Fichte und Buche findet sich auf diesen Überflutungsstandorten i. d. R. nicht.
Hochwassergefahr insbesondere im Frühjahr und Sommer
90 Prozent der Hochwasser treten erfahrungsgemäß im Frühjahr und Sommer auf. Die Schneeschmelze erhöht in Mittelgebirgen das Wasserangebot aus den Frühjahrs-Niederschlägen, im Sommer können Starkgewitter große Mengen Niederschläge zu lokalen und regionalen Überflutungen führen. „Waldbesitzende, die in der Vergangenheit schon von derartigen Witterungsereignissen betroffen waren, sei geraten, bei der standortgerechten Baumartenwahl auch den Aspekt der Überflutungstoleranz nicht aus den Augen zu verlieren“, so Gebhardt abschließend. Die 24 Forstämter stehen für ein kostenfreies Informationsgespräch bei derartigen Fragestellungen im Rahmen der Beratung und Beförsterung gerne zur Verfügung.
Quelle: ThüringenForst, Erfurt
Foto: Andreas Knoll